[ PORTRÄT ]
Schauspieler // Frankreich
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Begegnung mit François-Xavier Demaison
"Nicht die Trunkenheit oder der Rausch interessieren mich, sondern der Austausch, die Geselligkeit."
François-Xavier Demaison hatte mindestens schon zwei Leben. Eins im Finanzsektor in New York und dann eins in Komödien auf der Theaterbühne und in Kinofilmen. Die Konstante in seinem Leben ist der Wein. Vom Weinkeller seines Vaters bis zu seinem eigenen Weinkeller, in dem er Cuvées unter dem Namen Mirmanda zubereitet, folgt er stets dem gleichen Leitmotiv: dem Miteinander. Das heitere Interview können Sie gleich hier lesen.
Erinnern Sie sich an Ihren ersten Kontakt mit einem Weinklimaschrank?
FRANÇOIS-XAVIER DEMAISON
Ich war noch klein, der Weinklimaschrank stand in der Küche meines Vaters. Rund hundert Flaschen lagerten in diesem EuroCave. Mein Vater sagte oft zu mir: „Komm, hol mir mal ein Fläschchen.“ Ich öffne also die Tür und da schlägt mir dieser zarte Geruch von noch frischem Holz entgegen, und die Flaschen haben immer die richtige Temperatur. Das ist eine schöne Kindheitserrichtung, mit dem Licht, das anging und allem Drum und Dran.
Wie hat sich Wein einen Platz in Ihrem Leben erobert?
FRANÇOIS-XAVIER DEMAISON
Das ist wohl der Einfluss meines Vaters. Er war ein passionierter Weinliebhaber und in seinem Weinkeller lagerten vor allem Bordeaux-Weine und darunter einige Weine aus dem Burgund. Mein erster Wein war ein Château Ducru-Beaucaillou aus der Appellation Saint-Julien. Der hat mir überhaupt nicht geschmeckt! Ich war zu jung, mein Geschmackssinn war noch nicht reif für diese Begegnung. Doch einige Jahre später habe ich genau diesen Wein noch einmal probiert und da hat es klick gemacht: Es war eine wunderbare Erfahrung. Als wenn ich auf einmal den Zugang zu dieser Welt gefunden hätte.
Sind Sie ab diesem Zeitpunkt Weinliebhaber geworden?
FRANÇOIS-XAVIER DEMAISON
Nein, das war zu einem späteren Zeitpunkt. Erst vor zwanzig Jahren habe ich richtig angefangen, mich für Wein zu interessieren. Das war in meiner Zeit als Student für Politikwissenschaften. Mein Interesse ist immer weiter gewachsen, als ich Schauspieler wurde, auf Tourneen. Da habe ich erkannt, wie wichtig die Geselligkeit ist, die Begegnung mit Winzern. Wie wichtig es ist, ihre Persönlichkeit und die Welt, in der sie leben, zu verstehen. So entsteht ein Engelskreis: Man kennt sich, man mag sich, man trifft sich und tauscht sich aus. Das alles ist der Inbegriff von Wein.
Welche Arten von Wein sprechen Sie heute am meisten an?
FRANÇOIS-XAVIER DEMAISON
Mir geht es wie so vielen anderen auch, ich trinke zunehmend Weißweine und leichte Rotweine. Ich mag aber auch strukturierte Weine, die Begegnung mit großen Weinen. Da bin ich ziemlich vielseitig. Als ich in den Staaten lebte, hatte ich meine „kalifornische Phase“ mit Cabernets, Zinfandels, auch holzbetonten Chardonnays. 2017 habe ich den Gastronomen Serge Ghoukassian (Chez Serge, in Carpentras, Anm. d. Red.) kennengelernt, einen Trüffelexperten, der mir wunderbare Leute aus den Appellationen Ventoux und Châteauneuf-du-Pape vorgestellt hat. Ich habe auch korsische Weine kennengelernt - in Korsika liegen meine Wurzeln mütterlicherseits - und die großen Chenin-Weine aus dem Loire-Tal. Mir gefallen aber auch Weine aus dem Roussillon, der Auvergne mit ihren Rotweinen aus der Gamay-Traube. Kurzum, ich bin da eher undogmatisch.
Ich will gar nicht den großen intellektuellen Einklang, mir ist vor allem der fröhliche, gesellige Aspekt wichtig: Ein leckerer Rosé am Strand mit Freunden.
Können Sie die Gegensätze nachvollziehen, die die Weinwelt spalten?
FRANÇOIS-XAVIER DEMAISON
Eigentlich nicht. Wein sollte verbinden, nicht trennen. Manche schaffen es, sich selbst im Wein zu radikalisieren! Ich habe Freunde, die mir sagen: „Ich trinke nur Wein, wenn er natürlich ist.“ Das finde ich lustig: Meistens wissen die Leute nämlich gar nicht genau, was das bedeutet. Mir gefällt die Herangehensweise, das liegt ja auf der Hand. Und die Geselligkeit interessiert mich weit mehr als irgendwelche Dogmen. Ich kann einen Abend organisieren, der mit sehr mineralischen Weißweinen beginnt, dann zu leichten Rotweinen übergeht und zum Abschluss serviere ich dann einen großen Bordeaux oder einen Likörwein.
Haben Sie unvergessliche Erinnerungen an Verkostungen?
FRANÇOIS-XAVIER DEMAISON
Ja, da gibt es so einige. Ich erinnere mich an einen Sauternes aus dem Jahr 1921, dem Geburtsjahr meiner Großmutter, den ich auf Korsika mit Pierre Hermé und Freunden aus Perpignan - Marc Bournazeau (Weingut Domaine de Terra Remota, Anm. d. Red.) war auch dabei -, anlässlich einer Familienfeier getrunken habe. Die Flasche hatte eine kaffeeähnliche Farbe, man konnte tertiäre Noten erkennen mit Aromen von Leder und Kaffee, und da war auch dieser Karamellgeschmack. Ein absolut köstlicher Wein. Ich erinnere mich auch an eine Vertikalverkostung bei Jean-Claude Ramonet: Er kredenzte uns wahre Schätze mit einer unglaublichen Großzügigkeit. Ich sagte zu ihm: „Hey, Jean-Claude, ich habe nur mein Hemd, um dir zu danken!“ Er nahm mein Hemd und trägt es noch heute. Im Gegenzug gab er mir eine Ramonet-Fleecejacke, wie sie Erntehelfer tragen. Solche Augenblicke vergisst man nicht.
Gibt es eine Tageszeit, zu der Sie am liebsten eine Flasche öffnen?
FRANÇOIS-XAVIER DEMAISON
Ja, zum Aperitif. Ich brauche diesen Augenblick so gegen 19 Uhr, nach einem langen Arbeits- oder Drehtag. Dann kann ich wirklich genießen. Ich empfinde diesen Moment wie eine Art Atempause. Ich liebe es, eine Flasche ganz sachte und entspannt zu öffnen, um den Augenblick zu genießen. Ich bin maßvoll. Ich esse, ich trinke Wasser, ich kenne meine Grenzen. Ich möchte, dass Wein ein Genuss bleibt und kein Zwang. Nicht die Trunkenheit oder der Rausch interessieren mich, sondern der Austausch, die Geselligkeit.
Wie sieht es mit dem Foodpairing aus?
FRANÇOIS-XAVIER DEMAISON
Das überlasse ich dem Sommelier! Mein Ding sind eher Würstchen und Meeresfrüchte von der Grillplatte mit einem temperamentvollen Weißwein. Ich will gar nicht den großen intellektuellen Einklang, mir ist vor allem der fröhliche, gesellige Aspekt wichtig. Ein leckerer Rosé am Strand mit Freunden, das stimmt mich euphorisch.
Sie haben den Schritt gewagt und stellen selbst Wein her. Wie kam es zu diesem Abenteuer namens Mirmanda?
FRANÇOIS-XAVIER DEMAISON
Dominique Laporte, der beste Sommelier Frankreichs, hat mir vorgeschlagen, gemeinsam mit ihm im Roussillon, in Südfrankreich, Wein herzustellen. Wir haben mit zwei Fässern angefangen. Das war ein ziemlich verrücktes Unterfangen. Heute produzieren wir rund 3000 Flaschen Weißweine und 3000 Flaschen Rotweine. Und da wir wissen, dass uns die Leute auf Schritt und Tritt beobachten, haben wir uns gezielt für bestimmte Produkte entschieden: Burgunderflaschen, lange Korken von sehr guter Qualität, 1,20 € das Stück. Das Fazit: Keine einzige korkige Flasche in sechs Jahren. Ich bin nicht jeden Tag vor Ort, aber ich bin überall dabei: bei der Weinlese, bei der Assemblage, bei der Bâtonnage, also dem Aufrühren der Feinhefe. Ich bin kein Zuschauer, ich mache mit. Dominique ist ein großer Weinkenner, ein Künstler, und ich steuere meine Offenheit und meine Leidenschaft bei. Dieses Projekt macht mich glücklich.
Die Flaschen unter guten Bedingungen zu lagern bedeutet, den Genuss zu bewahren.
Wo kann man Ihre Weine trinken?
FRANÇOIS-XAVIER DEMAISON
Im Restaurant La Tour d’Argent, bei Guy Savoy, im Le Crillon, in einigen netten Weinbars. Aber die Mengen sind winzig. In einem Jahr haben wir nur 1800 Flaschen Weißweine produziert! Die gehen dann natürlich schnell weg. Das Projekt ist auf keinen Fall spekulativer Art: Ich möchte, dass unsere Weine in geselliger Runde getrunken werden und nicht in einem Keller lagern.
Wie hat die Branche Sie aufgenommen?
FRANÇOIS-XAVIER DEMAISON
Anfangs haben sicher einige gesagt: „Und schon wieder ein Schauspieler, der Wein macht.“ Aber die, die unseren Wein probiert haben, haben verstanden, dass unser Projekt ehrlich gemeint ist. Heute sehen uns Sommeliers wie Florent Martin vom Hotel Peninsula in Paris als eine gute Referenz im Roussillon. Das bedeutet mir sehr viel.
Zum Schluss noch eine Frage: Wie lagern Sie Ihre Weine?
FRANÇOIS-XAVIER DEMAISON
Ich habe einen Weinkeller, in dem 16°°C herrschen, und wie mein Vater habe ich auch einen EuroCave-Weinklimaschrank (Er zeigt ein Foto auf seinem Telefon, Anm. d. Red.). Für mich ist der EuroCave ein Maßstab, der oft kopiert, aber nie erreicht wird. Wenn man Wein herstellt, weiß man, wie wichtig die Lagerung ist. Flaschen unter guten Bedingungen zu lagern bedeutet, den Genuss zu bewahren.
Gastro-Journalist - Stéphane Méjanès
Der ehemalige Sportjournalist Stéphane Méjanès berichtet seit 2012 für verschiedene Magazine, Zeitschriften und Websites über die Gastronomie in all ihren Facetten. Er ist Autor eines Pamphlets über Gastrokritik, „Tailler une plume“ (Éditions de l'Épure, 2019), sowie mehrerer Bücher von Küchenchefs. Er arbeitet außerdem als Dozent an der Hochschule für Hotellerie und Tourismus ESTHUA in Angers, wo er einen Kurs über Restaurantkritik für Master 2-Studenten anbietet. Zusammen mit Guillaume Gomez und Tiptoque ist er Initiator der Bewegung „Les Chefs avec les Soignants“ (etwa: Chefköche für das Pflegepersonal) und wurde dafür mit dem Solidaritätspreis La Liste 2021 ausgezeichnet. Für seine persönlichen Arbeiten wurde er 2019 mit dem Journalistenpreis „La plume d’or“ ausgezeichnet und 2018 erhielt er den Preis Amunategui-Curnonsky, der Journalisten verliehen wird, die sich in besonderer Weise um den Ruf der französischen Kochkunst verdient machen.
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